Gottesdienste ohne Talar und heiliges Rauschen

Ein Jahr Corona-Pandemie: Pfarrer Arne Dembek erzählt von digitalen Erfahrungen und Erfolgen ohne „heiliges Rauschen“.

Arne Dembek an seinem Arbeitsplatz

Vor dem Bildschirm statt vor dem Altar: Pfarrer Arne Dembek aus Kandel. Foto: lk/Dembek.

Arne Dembek an seinem Arbeitsplatz

Vor dem Bildschirm statt vor dem Altar: Pfarrer Arne Dembek aus Kandel. Foto: lk/Dembek.

Kandel (lk). Regelmäßig und kontinuierlich verbreitet die Protestantische Kirchengemeinde Kandel bei Germersheim seit März 2020 Online-Andachten und Gottesdienste als Videokonferenz. Im Interview mit Katja Edelmann erzählt der Kandeler Pfarrer Arne Dembek, der die Gemeinde mit Pfarrerin Mirjam Dembek leitet, wie und warum ihre Gemeinde zur „Netzgemeinde“ geworden ist.

Herr Dembek, Ihre Kirchengemeinde war und ist eine der kontinuierlichen Sender von digitalen Verkündigungsangeboten seit Beginn der Corona-Pandemie. Wie haben Sie im ersten Jahr digitale Kirche auf die Beine gestellt und was haben Sie erlebt?

Arne Dembek: Wir haben in Kandel seit März 2020 erst Online-Andachten produziert, also Videoclips gedreht. Seit Dezember 2020 feiern wir „Gottesdienste vom Sofa" über die Videokonferenz-Plattform Zoom. Das erzielt bei der (Netz-)Gemeinde großes Vergnügen und auch viel Zuspruch. Mit dabei ist auch unser Bezirkskantor, Wolfgang Heilmann, der für die musikalische Gestaltung sorgt und damit auch viele Menschen erfreut.

Wie viele Zuschauerinnen und Zuschauer erreichen Sie mit dem Format?

Dembek: Die Zahlen liegen stabil bei 40 bis 50 Endgeräten. Davor sitzen aber häufig mehrere Personen, so dass die Teilnehmerzahl höher ist. Dabei handelt es sich um Gemeindemitglieder, die vor Corona auch sonntags in die Kirche gekommen sind. Aber es sind auch andere regelmäßig dabei, die dort nicht so häufig waren. Die meisten Teilnehmenden sind aus unserer Gemeinde, aber es gibt auch Menschen von außerhalb.

Was schätzt Ihr Publikum im Zoom-Gottesdienst?

Dembek: Der Gottesdienst als Videokonferenz ist interaktiv, von überall erreichbar und ein niedrigschwelliges Angebot. Es ist ein ganz anderer Gottesdienst – und ist trotzdem Gottesdienst. Viele Barrieren, die die Menschen daran hindern, in die Kirche zu kommen, fallen online weg. Unsere Gottesdienste sind nur einen Klick weit entfernt, und man darf – auch das schätzen viele – im Gegensatz zu den Präsenzgottesdiensten auch mitsingen. Oft hören wir die Rückmeldung, dass Kirche mit dieser Gottesdienstform im digitalen Zeitalter angekommen sei. Die Botschaft des Evangeliums erreicht die Menschen direkt bei ihnen zu Hause.

Welche neuen Personengruppen haben Sie mit den digitalen Gottesdiensten erreicht?

Dembek: Wir erreichen Menschen, die sich von einer zeitgemäßen, verständlichen Sprache und einer klaren liturgischen Gestaltung angesprochen fühlen. Die Gebete kommen ohne „heiliges Rauschen“ aus. Die Predigten sind kurz und orientieren sich eher an Radioandachten als an klassischen Kanzelreden. Wir übertragen von zuhause aus, das heißt aus unserer alltäglichen Umgebung, und wir ziehen auch keinen Talar an. Das macht diese Gottesdienste offensichtlich weniger „churchy“ – und das ist attraktiv.

Welcher Gottesdienst hat die größte digitale Resonanz bekommen?

Dembek: Das war digital wie analog natürlich der Gottesdienst an Heiligabend.

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